Smartphones, Computer, Fernseher, Kühlschränke, Waschmaschinen, Bankkarten, Reisepässe, Hörgeräte und Autos. All diese Dinge sind abhängig von Mikroprozessoren, auch als Halbleiterchips bekannt, um zu funktionieren. Heute ist ein Alltag ohne diese Produkte nicht vorzustellen. Die globale Produktion von Halbleiterchips im Jahre 2020 wird auf circa eine Billion geschätzt, was in etwa 130 Mikroprozessoren pro Person auf der Welt bedeutet. Wie kommt es dann, dass seit Beginn des Jahres 2020 ein weltweiter Mangel an Halbleiterchips herrscht? Inwiefern war die Covid-19 Pandemie daran schuld? Und was plant die Europäische Union, um ein solches Szenario zukünftig zu verhindern?

Noch zu Beginn der Pandemie im Jahre 2020 stellten die Produzenten der Mikroprozessoren eine abfallende Nachfrage fest. Diese stieg nach dem Sommer plötzlich an – einerseits aufgrund der notwendigen Technologie für das Home-Office, Remote Learning und die Unterhaltung für Zuhause, anderseits aufgrund eines Wiederanstiegs der Nachfrage nach Personenkraftwagen, die wegen neuester Technologien mehr Halbleiterchips als zuvor brauchen. Die Produzenten hatten Schwierigkeiten auf diese drastisch angestiegene Nachfrage zu reagieren, da der Prozess zur Herstellung eines Halbleiterchips sehr komplex und langwierig ist. Bereits gut etablierte Produkte brauchen mindestens vier Monate, um fertiggestellt zu werden. Bei einer Verlagerung der Herstellung an einen anderen bestehenden Produktionsstandort verschiebt sich der Prozess um ein weiteres halbes Jahr. Falls Unternehmen einen Wechsel zu einem anderen Chiphersteller in Betracht ziehen, müssen sie mit mindestens einem weiteren Jahr Verzögerung rechnen, um die spezifischen Produktionsprozesse anzupassen. Deshalb lohnt sich der Wechsel häufig gar nicht.

Gleichzeitig muss ein näherer Blick auf die Lieferketten der Mikroprozessoren geworfen werden. Die Halbleiterknappheit ist nicht eine einzelne große Krise; genau genommen stecken mehrere Engpässe dahinter. Die Halbleiterchips durchlaufen in der Fertigstellung verschiedene Stadien. Eventuelle Verzögerungen betreffen eine Vielzahl an Industrien: Darunter zu finden sind beispielsweise die Infrastruktur, die Unterhaltungselektronik und die industrielle Automatisierung, genauso wie die Gesundheits-, Energie- und Automobilsektoren. Dies liegt daran, dass die Wertschöpfungskette der Mikroprozessoren eine hohe Arbeitsteilung hat und die Herstellungskapazitäten bereits sehr ausgelastet sind. Zwar ist die Produktion von Halbleiterchips geographisch stark konzentriert, aber es ist unmöglich, jeden Prozessschritt in einem einzigen Land durchzuführen. Nicht nur ist die Wertschöpfung eines Halbleiterchips transnational und langwierig, sie erfordert auch viel Kapital und Wissen, was zu hohen Markteintrittsbarrieren führt.

All dies führt dazu, dass die Lieferkette fragil ist und auf externe Schocks empfindlich reagiert. Die Produktionseinstellungen in manchen Ländern aufgrund der verhängten Lockdowns wirkten sich deshalb auch spürbar auf den Markt aus. Zusätzlich erschwerten vielerorts Klimakatastrophen die Produktionslage: eine Dürre in Taiwan, die den wasserintensiven Prozess der Produktion von Halbleiterchips aufhielt, oder ein Kälteeinbruch in Texas, der für einen mehrwöchigen Stromausfall verantwortlich war. Ebenfalls litten mehrere Produktionsstellen an Stromausfällen wegen Bränden und Erdbeben. Ein einziger Stromausfall in einer Fabrik kann potenziell zu einem Produktionsausfall von drei Monaten führen.

Dementsprechend gibt es nicht einen einzigen Ursprung dieser Krise, sondern ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren ist verantwortlich für den Mangel an Mikroprozessoren. Diese Entwicklungen in der Chipkrise haben spürbare Auswirkungen.

Die erhöhte Nachfrage und die Knappheit an Mikroprozessoren lassen die Preise in die Höhe schnellen. Firmen müssen mit den ökonomischen Folgen der Krise rechnen. So ging beispielweise in der Automobilindustrie die Produktion um ein Drittel zurück. Dies hat auch Konsequenzen für Endkonsumenten: Nicht nur müssen Preiserhöhungen in Kauf genommen werden, sondern auch längere Wartezeiten für bestimmte Produkte, wie beispielsweise Haushalts- und Unterhaltungselektronik.

Die europäische Antwort auf die Krise

In einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 8. Februar 2022 präsentierte die Präsidentin Ursula von der Leyen das europäische Chip-Gesetz. Dieses Gesetz hat zum Ziel, der Halbleiterknappheit zu begegnen und die technologische Vorreiterrolle Europas zu stärken. Deshalb werden Maßnahmen formuliert, die Störungen in der fragilen Lieferketten vorbeugen sollen und gleichzeitig eine effiziente Reaktion auf diese Lieferunterbrechungen vorsehen. Die Europäische Union hat das Bestreben, den derzeitigen europäischen Anteil am Halbleitermarkt von 10% bis 2030 zu verdoppeln. Um dies zu erreichen, plant die Europäische Kommission bis zu 43 Milliarden Euro durch öffentliche und private Gelder zu investieren, wovon sie 11 Milliarden Euro direkt für technologische Entwicklung, Forschung und Erweiterung der Produktionskapazitäten aufwenden will. Diese Pläne der Europäischen Union konkurrieren mit chinesischen und US-amerikanischen Ambitionen, die ebenfalls in die heimische Halbleiterindustrie investieren. Beispielsweise einigte sich der US- amerikanische Senat auf ein 250 Milliarden US-Dollar Paket für Technologie und Forschung, wovon ungefähr ein Fünftel der Halbleiterbranche zugutekommen soll. In China betragen die Subventionen für die Halbleiterindustrie 17 Milliarden US-Dollar jährlich.

Bereits zuvor, am 7. Dezember 2020, unterzeichneten 22 Mitgliedstaaten der EU eine gemeinsame Erklärung zu Prozessoren und Halbleitertechnologien. Darin einigten sie sich auf ein gemeinsames Engagement, um die Wertschöpfungskette für eingebettete Systeme und Elektronik in Europa zu fördern. Dementsprechend verfolgen die unterzeichnenden Staaten das Ziel, moderne europäische Chipdesignkapazitäten und Produktionsanlangen zu schaffen. Die Erklärung illustrierte, dass diese notwendig seien, um relevante technologische, sicherheitstechnische und gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen.

Das europäische Chip-Gesetz involviert alle Mitgliedstaaten und bezweckt eine gemeinsame Anstrengung im Bereich der Mikroprozessoren. Die Europäische Union strebt damit an, strukturelle Veränderungen und neue Geschäftsmodelle zu kreieren, um einer zukünftigen Krise vorzubeugen. Da wir voraussichtlich immer mehr Halbleiterchips in fast allen Sektoren brauchen, ist das langfristige Ziel der Europäischen Union von großer Bedeutung. Diese Entscheidung der Europäischen Union, in die kontinentale Halbleiterproduktion zu investieren, ist somit ein Schritt in Richtung digitale Souveränität und verkörpert die Absicht, ein namhafter Mitstreiter auf dem technologischen Weltmarkt werden zu wollen.

Written by Stephanie Pais Raposo; Edited by Dorothea Newerkla

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