Anfang November fand in der Wiener Hofburg das International Vienna Energy & Climate Forum 2023 (IVECF) statt. Das 2008 ins Leben gerufene Forum wird gemeinsam von der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO), dem Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten (BMEIA), der Österreichischen Entwicklungsagentur (ADA) und dem Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) organisiert. Das Event zog auch zahlreiche Studierende der Diplomatischen Akademie Wien,insbesondere des Studiengangs MSc Environmental Technology and International Affairs (ETIA) an. Die Teilnahme von über 2.500 Personen an dieser zweitägigen Konferenz verdeutlicht die Rolle, die Wien mittlerweile als Ort des Dialogs in der internationalen Klima- und Energiediplomatie innehat. 

Ein Höhepunkt der internationalen Klimapolitik sind auch die jährlich stattfindenden Conferences of the Parties (COP) des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC). Die diesjährige COP-28 in Dubai ist von zentraler Bedeutung, da die Besorgnis wächst, dass die Durchschnittstemperatur bis zum Jahr 2100 um deutlich mehr als 1,5°C steigen wird. Ein solcher Anstieg hätte weitreichende Konsequenzen für die Weltbevölkerung. Daher hoffen viele Beobachter:innen, dass es den Staaten gelingt, „das Ruder herumzureißen“, um mit nationalen Maßnahmen den anthropogenen Klimawandel zu stoppen. Mit Spannung wird die erste globale Bestandsaufnahme zur Messung der Fortschritte des Pariser Übereinkommens im Rahmen der COP-28 erwartet. Eine zentrale Rolle in den Diskussionen spielt auch das brisante Thema der Klimafinanzierung. So soll unter anderem eine Einigung zur Schaffung eines Fonds für klimabedingte Verluste und Schäden erzielt werden. 

Verhandlungen über Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels verlangen ein besonderes diplomatisches Geschick. Worin liegt Österreichs Beitrag? Wie relevant ist die österreichische Klimadiplomatie? Und welche beruflichen Wege könnten ETIA-Studierende nach dem Abschluss potenziell einschlagen? Um diesen spannenden Fragen auf den Grund zu gehen, hat ETIA-Studentin Carina Karnicar den Referatsleiter für Klima-, Energie- und Umweltdiplomatie im BMEIA, Anton Wein-Wislocki, am 16. November 2023 zu einem Gespräch getroffen. 

CK: Herr Wein-Wislocki, Sie sind seit 2017 im Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten tätig. Wie hat sich Ihr Weg zur Klimadiplomatie gestaltet?

AWW: Als Diplomat im BMEIA ist man „Generalist“, das bedeutet, im Laufe seiner Karriere ist man bereit, viele verschiedene Aufgaben an unterschiedlichen Stationen wahrzunehmen. Ich war bereits drei Jahre an der Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York im Bereich Menschenrechte tätig. Vor New York habe ich ein Jahr lang das Team der Ständigen Vertretung Österreichs zu den Vereinten Nationen in Wien unterstützt. Das Klimathema kann nur multilateral gelöst werden und der Klimawandel wird zweifellos auch Auswirkungen auf Menschenrechte und den Frieden haben. Daher war der Einstieg in die multilaterale Klimadiplomatie für mich spannend, aber im Hinblick auf die Prozesse einer multilateralen Verhandlung teilweise bekannt. Ich bin kein Klimawissenschafter, auch wenn das rasche Aneignen von neuen Themengebieten Alltag im BMEIA ist. Das Handwerk der Diplomatie ist bei den internationalen Klimaverhandlungen von zentraler Bedeutung. Verhandlungen zu führen und Kompromisse zu finden, ist ein wichtiger Teil davon, um die Erkenntnisse der Wissenschaft auch global umsetzen zu können.  

CK: Sie fahren in zwei Wochen nach Dubai zur COP-28. Was ist die österreichische Position und welche Rolle spielen Sie dabei?

AWW: Frau Bundesministerin Leonore Gewessler ist die österreichische Delegationsleiterin bei den Verhandlungen und wird die österreichische Stellungnahme halten. Finanzminister Magnus Brunner wird ebenfalls Österreich bei der COP-28 vertreten. Österreich bekennt sich zu einem effektiven Multilateralismus bei der Lösung der Klimakrise. Die COP stellt den einzigen globalen Rahmen dar, um effektiv und mit Beteiligung von de facto der gesamten Staatengemeinschaft auf internationaler Ebene Entscheidungen zu treffen, um die Klimaziele, vor allem das Pariser Klimaübereinkommen, umzusetzen. Ein Appell zu dessen rascher Umsetzung, ein Bekenntnis zu einer ambitionierten Emissionsreduktion und die Bereitschaft zu einem Dialog über Klimaanpassungen und Auswirkungen des Klimawandels – das sind Elemente der österreichischen Position. 

Als österreichischer Delegierter aus dem BMEIA verfolge ich auf Expertenebene die Verhandlungen über Reaktionsmaßnahmen (sogenannte Response Measures) und sozial gerechte Transformationen (Just Transition). Hier ist die drängende Frage, wie Staaten ihre Wirtschaftssysteme umgestalten müssen, um die Klimaziele zu erfüllen. 

CK: Wie sieht die österreichische Klimadiplomatie abseits der COP-28 aus?

AWW: Bei der internationalen Klimapolitik arbeitet das BMEIA eng mit anderen Ressorts zusammen, vor allem mit dem Klimaministerium. Das betrifft einerseits Österreichs Auftritt in den verschiedenen internationalen Gremien zu Klima- und Umweltfragen; neben der UNFCCC COP gibt es eine Menge anderer multilateraler Instrumente. Ebenfalls bemüht sich das Außenministerium, Österreich und konkret die Bundeshauptstadt Wien als Zentrum des Dialogs über Energiefragen zu positionieren –  das International Vienna Energy & Climate Forum Anfang November ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass Wien ein „Hub für Energiefragen“ sein kann. Neben hochrangigen Vertreter:innen von VN-Organisationen, dem COP-28 Präsidenten Sultan Al-Jaber (online) nahmen auch viele Firmen und NGOs am zweitägigen Forum teil. 

Außerdem unterstützt das Außenministerium gezielt Organisationen mit Hauptsitz in Wien, die im Hinblick auf die Energiewende tätig sind, wie beispielsweise die Organisation „Sustainable Energy for All“ (SEforALL), die Entwicklungsländer zur Verwirklichung des SDG 7 (Bezahlbare und saubere Energie für alle) berät.

SEforALL leistet hier wertvolle Arbeit, denn Energiesysteme, die auf Erneuerbaren basieren, sind in der Lage, das Problem der Energiearmut zu lindern. Mit Technologien wie Wind oder Solar kann auch der Zugang zu Energie in Entwicklungsländern niederschwellig geschaffen werden. Verglichen mit einer Infrastruktur, die auf fossile Energieträger ausgerichtet ist und die von Grund auf neu gebaut werden muss, schneiden erneuerbare Energien deutlich besser ab. 

CK: Österreich will bis 2040 klimaneutral sein und damit der Europäischen Union, die laut dem European Green Deal bis 2050 die Klimaneutralität erlangen will, zehn Jahre voraus sein. Haben wir als eines der reichsten Länder der Welt mit einem dementsprechenden CO2-Abdruck nicht leicht reden?

AW: Österreichs Topografie, die die Nutzung von Wasserkraft zur Stromerzeugung begünstigt, aber auch innovative Technologie wie etwa Pumpspeicherkraftwerke ermöglicht, gibt uns einen natürlichen Vorteil bei der  Erzeugung von grünem Strom und der Energiewende. Österreichische Firmen können Wasserkrafttechnologie in anderen Ländern umsetzen. Damit leistet auch der Privatsektor einen wichtigen Beitrag zur globalen Energiewende. Die Klimakrise lässt sich nur in Zusammenarbeit des öffentlichen und des Privatsektors bewältigen. Im Kontext der multilateralen Klimadiplomatie ist es wichtig, dass Staaten einen Dialog aufrechterhalten und mit gutem Beispiel vorangehen, anstatt mit dem Finger aufeinander zu zeigen. Schuldzuweisungen führen nur dazu, dass man schlussendlich nicht mehr an einem Strang zieht und nicht gemeinsam an einer Lösung arbeitet.

CK: Als ETIA-Studierende beschäftigen wir uns beinahe jeden Tag mit unterschiedlichen Facetten der Klimakrise und potenziellen Lösungen dieser globalen Herausforderung. Ist das BMEIA gerade jetzt die perfekte Destination für uns?

AW: Klima- und Umweltthemen können in internationalen Beziehungen nicht mehr weggedacht werden. Mit interdisziplinärem Wissen sowohl in Bezug auf Umwelttechnologien als auch auf internationale Beziehungen kann man sich in der Klima-, Energie- und Umweltdiplomatie “wie ein Fisch im Wasser” fühlen. Aber auch in anderen Bereichen und Sektoren hilft das breitgefächerte Wissen immens. Ich selbst habe internationale Beziehungen in Frankreich studiert und einen Teil meiner Studienzeit in Russland verbracht. Die Tatsache, dass die Kolleg:innen im BMEIA unterschiedliche Erfahrungen und Expertisen mitbringen, bereichert uns als Team und macht die Arbeit jeden Tag aufs Neue spannend.

Written by Carina Karnicar, Edited by Katja Palaszewski

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